[SAV-newsletter] Bombenanschläge von Madrid – "Eure Kriege — unsere Toten"
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Do Mär 18 08:54:45 CET 2004
Stellungnahme des CWI zu den Bombenanschlägen in Madrid
von Tony Saunois
”Eure Kriege — unsere Toten” stand auf einem Plakat auf einer
Demonstration in Madrid früh am letzten Sonntag Morgen. Es fasste die
Stimmung von Millionen in ganz Spanien wenige Tage nach den
schrecklichen Bombenanschlägen in Madrid mit 200 Toten und 1.400
Verwundeten zusammen.
Über 12 Millionen Menschen nahmen am Tag nach den Bombenanschlägen an
Gedächtnismärschen teil. Binnen weniger Stunden gingen Zehntausende
wieder auf die Straßen in spontanen Demonstrationen in Madrid und
anderen Städten. Diesmal hatte sich die trübe Stimmung in Wut und
Bitterkeit auf José Maria Aznars Regierung und seine Partei, Partido
Popular (PP), verwandelt. Diese Ereignisse und die Niederlage der PP bei
der folgenden Wahl haben ein politisches Erdbeben ausgelöst, das
gewaltige Rückwirkungen in ganz Europa, den US und international hatte.
Aznars rechte konservative Partido Popular versuchte, die
Bombenanschläge für ihren eigenen Wahlvorteil zu manipulieren. Indem sie
die Schuld an diesem brutal Anschlag, bei dem es 200 Tote und 1.400
Verwundete gab, der baskischen nationalistischen paramilitärischen
Organisation ETA gaben und Informationen zurückhielten, hofften sie, zu
vermeiden, dass ihnen wegen Aznars begeisterter Unterstützung für die
Invasion im Irak selbst die Schuld gegeben würde.
Das CWI hat die imperialistischen Kriege gegen Irak, Afghanistan und
andere Länder aktiv bekämpft, die zum Gemetzel an Zehntausenden
ArbeiterInnen, BäuerInnen und anderen geführt haben. Wir verurteilen
auch die Bombenanschläge, die in Madrid durchgeführt wurden. Solche
Methoden führen nur zu weiterem Leid bei den arbeitenden Menschen und
gefährden ”Führer” wie Aznar oder den Kapitalismus, der die Wurzel für
die Leiden von Millionen Menschen in der Welt ist, nicht. SozialistInnen
haben mit reaktionären, rechten Gruppen wie al-Kaida nicht gemein.
Die PP wollte nicht nur die Verantwortung ihrer Regierung wegen der
Unterstützung für den Krieg vertuschen, sie hoffte auch, ihre harte
Politik gegenüber wachsenden Forderungen für größere Autonomie im
Baskenland, Katalonien und anderen Regionen zu rechtfertigen.
Aznar wurde bei diesen Zielen geholfen vom Sicherheitsrat der Vereinten
Nationen, der einer Forderung von Aznar zustimmte, die ETA für die
Bombenanschläge am selben Tag, als sie stattfanden, zu verurteilen.
Resolution 15, angenommen nur ein paar Stunden nach den
Bombenanschlägen, ”[verurteilte] … in den schärfsten Ausdrücken die
Bombenanschläge in Madrid, Spanien, begangen von der terroristischen
Gruppe ETA…”
Aber die arbeitenden Menschen und Jugend von Spanien ließen sich nicht
von der versuchten Manipulation der Regierung täuschen.
Riesige Gegenreaktion
Die Versuche der PP, zu vertuschen, wer für die Gräueltat von Madrid
verantwortlich war, verursachte eine massive Gegenreaktion unter
spanischen ArbeiterInnen und Jugendlichen. Demonstranten strömten auf
die Straßen und marschierten zu den Parteibüros der PP, als es klarer
wurde, dass al-Kaida wahrscheinlich verantwortlich war. Abdu Dujan
al-Afghani, al-Kaidas Militärsprecher in Europa, hat seitdem die
Verantwortung übernommen.
Als Ergebnis hat seitdem ein politischer Aufruhr in Spanien
stattgefunden. Er führte zum ersten Sturz einer Regierung, die
begeistert den Krieg gegen den Irak unterstützt hatte. Die Niederlage
der PP ängstigt jetzt Blair, Bush und Howard und entsetzt sie sogar.
Beide überlegen jetzt, ob ihnen das selbe Schicksal wie Aznar, einem
persönlichen Freund Blairs, droht. Das Kriegsbefürworterlager in
Britannien hat reagiert mit dem Argument, das spanische Volk habe vor
dem Terrorismus klein bei gegeben. Bronwen Maddox, der außenpolitische
Herausgeber der ”Times” argumentierte, dass es ”…unaufrichtig [scheine]
zu sagen, wie es manche Kriegsgegner begeistert gemacht haben, dass der
Schock als Ergebnis von Sonntag Nacht ein Sieg für die Demokratie sei”.
(The Times, London, 16/3/04).
Dies ist Teil einer internationalen Kampagne der ”Neokonservativen” um
Bush, Blair und John Howard, den australischen Premierminister, die
Wahlergebnisse in Spanien zu diskreditieren, das spanische Volk zu
beschuldigen, vor dem Terrorismus nachzugeben. Aber in Wirklichkeit
machte die Mehrheit des Volkes in Spanien klar, dass sie den Krieg
ablehnte und dass sie auch terroristische Anschläge ablehnte.
Die kapitalistischen Herrscher und ihre Sprachrohre finden es sichtlich
schwierig, damit klarzukommen, dass eine kriegsfreundliche Regierung von
der Masse der spanischen Bevölkerung rausgeworfen wurde, die überwiegend
gegen den Krieg war und die über den Versuch der Regierung in Wut
geriet, das Entsetzen der Bombenanschläge zu ihrem Vorteil zu
manipulieren. Die Bemerkungen dieser Kommentatoren, die das spanische
Wahlergebnis arrogant abtun, erinnert an die ironische Bemerkung von
Bertolt Brecht, als er vorschlug, dass die stalinistischen Regime ein
neues Volk wählen sollten, weil die Massen nicht richtig wählten! [siehe
das Gedicht ”Die Lösung” in den ”Buckower Elegien”, Anlass war
allerdings keine Wahl, sondern der Aufstand vom 17. Juni 1953 — der
Übersetzer]
Die spanische Zeitung El País zeigte ein besseres Verständnis der Lage
aus der Sicht des spanischen Kapitalismus. In ihrem Leitartikel vom 15.
März argumentierte die Zeitung, dass ”die Demokratie gestärkt wurde”.
Was dieser Teil der herrschenden Klasse verstand war, dass wenn der
Eindruck entstand, dass die PP den Wahlsieg stahl und die Wahrheit
herauskäme, wer für die Bombenanschläge verantwortlich war, dann die
Autorität der Institutionen des Kapitalismus und seine Parteien massiv
untergraben würden. Die Aussicht auf größere gesellschaftliche
Mobilisierungen gegen einen Wahlbetrug durch die PP hätte bestanden.
Besser die parlamentarische Wiege nach ”links” schaukeln und versuchen,
die Wut der Leute durch einen Regierungswechsel zu kanalisieren, ist die
Schlussfolgerung dieses weitsichtigeren Teils der herrschenden Klasse.
Die Festnahme marokkanischer und algerischer Verdächtiger und vermutete
al-Kaida-Beteiligung an den Bombenanschlägen hat schon zu einer
rassistischen Kampagne von Teilen der Medien in Frankreich geführt. Die
extreme Rechte und Rassisten werden zweifellos auch versuchen, diese
Bombenanschläge zu nutzen und sie können rassistische Anschläge begehen.
SozialistInnen und GegnerInnen von Krieg und Besatzung müssen gegen
diese Bedrohungen kämpfen.
Vor den Bombenanschlägen von letztem Donnerstag hielten es die PP und
die meisten Kommentatoren für sicher, dass die PP wieder an die Macht
kommen würde, wenn auch mit geringerer Mehrheit. Trotz einem massiven
Generalstreik im Juni 2002, Massenprotesten gegen die peinliche
Behandlung des ‘Prestige’-Ölauslaufens, wachsende Bitterkeit der
baskischen und katalanischen Völker über die Opposition der Regierung
gegen ihre Forderungen nach größerer Autonomie und demokratischer und
nationaler Rechte, die bitteren Streiks mancher ArbeiterInnen,
einschließlich der HafenarbeiterInnen aus Cadiz – trotz all dem schien
Aznars ernannter Nachfolger Mariano Rajoy als Sieger festzustehen.
”New-Labour-isierte” PSOE
Die PP schien trotz der Opposition gegen sie ihre Unterstützung wegen
dem Wirtschaftswachstum in Spanien zu behalten. Obendrein wurde PSOE
(Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens), die schon vor ‘New Labour’
‘New-Labour-isiert’ wurde, von den jüngeren ArbeiterInnen nicht als
Alternative gesehen. Die Partei behielt ihre Narben aus ihrer
Regierungszeit, während der es eine Reihe von Korruptionsskandalen,
Angriffe auf ArbeiterInnen und die Schaffung der GAL gab, einer legalen
‘Eingreiftruppe’ zur Ermordung bekannter ETA-AktivistInnen. Sie wurde
als eine prokapitalistische Partei gesehen, die Teil des Establishment
war. Die von der Kommunistischen Partei dominierte Vereinigte Linke,
Izquierda Unida, bot auch keine Alternative an und saß in Koalition mit
der PSOE auf örtlicher Ebene und setzte Kürzungen um. Eine niedrige
Wahlbeteiligung schien als Ausdruck dieser Faktoren am wahrscheinlichsten.
Aber alle diese Fragen wurden von der Wut und Empörung verdrängt, die
unter den Massen gegen die Regierung nach den Bombenanschlägen
anschwoll. Die viel höhere Wahlbeteiligung von über 77% kann weitgehend
darauf zurückgeführt werden, dass die Antikriegsjugend zur Wahl ging, um
die PP aus dem Amt zu vertreiben. Der Stimmenanteil der PP fiel von
44,52% 2000 auf 37,08%, mit einem Verlust von über 690.000 Stimmen. PSOE
vergrößerte ihren Stimmenanteil von 34,16% auf 42,64%, und gewann
10.909.687 Stimmen – ihre größte absolute Stimmenzahl je. Der Großteil
des Zuwachses der PSOE-Stimmen kam von jungen ErstwählerInnen – 2
Millionen wählten zum ersten Mal — von denen die große Mehrheit den
Krieg abgelehnt hatte. Die Stimmenzahl der Izquierda Unida fiel von
5,96% to 4,96% und die Zahl ihrer Abgeordneten von 9 auf 5. Die IU hat
bei jeder Wahl seit 1996 einen Stimmenrückgang erlitten.
El País schrieb es dem neuen PSOE-Ministerpräsident Zapatero zu und
verkündete, dass er Rajoy besiegt habe. In Wirklichkeit waren es
spanische ArbeiterInnen und Jugendliche, die die PP aus dem Amt
vertrieben und nicht die PSOE ins Amt wählten. Die spanischen Massen
wählten, um die Regierung zu bestrafen.
Die brutalen Madrider Bombenanschläge haben besonders die Arbeiterklasse
und Jugend getroffen. Die größten Zahlen von Toten waren in einem
Doppeldeckerzug im Arbeitervorort von El Pozo. Große Zahlen von aus
wirtschaftlichen Gründen zugewanderten ArbeiterInnen aus Lateinamerika
und Osteuropa leben auch in diesem Gebiet. Unter den Toten waren viele
GewerkschaftsaktivistInnen Studierende und ArbeiterInnen.
Wie Millionen andere in Spanien hatten viele der Opfer gegen den Krieg
demonstriert. 92% von Spaniens Bevölkerung lehnten den Krieg ab, der von
der Aznar-Regierung begeistert unterstützt worden war. Botschaften, die
am Hauptbahnhof von Atocha, einem Schauplatz eines der Bombenanschläge,
von Verwandten und Freunden der Toten zurückgelassen worden waren,
zeigen dies und zogen die Verbindung zur Wahl. Eine lautete: ”Ich lasse
dies zurück als Stimme jener, die wir gestern verloren. Wir werden nicht
vergessen, weil ich auch ein bißchen gestorben bin. Morgen werden ich
mit euch gegen die Parteien stimmen, die Krieg und Gewalt
unterstützten.” (El País 15/3/04).
Zwei andere Notizen von Verwandten lauten: ”Die Antwort von Irak und
Afghanistan ist hier” und ”Gestern nein zum Krieg, heute nein zum
Terrorismus. Morgen – was? Genug!!”.
Die PP rief solche Wut hervor, weil sie zu verschleiern versuchte, wer
für die Bombengräuel verantwortlich war und weil sie die Lage für ihren
eigenen Vorteil auszunutzen versuchte. Dadurch setzte sie allen
gefühlten Ärger gegen die Regierung frei, besonders wegen ihrer
Unterstützung für den Krieg im Irak. Die Aktionen der PP erneuerten auch
bittere Erinnerungen an die Franco-Diktatur. Eine mächtige Angst ergriff
viele spanische Menschen, dass die PP die Wahl gewinnen könnte und erst
später die Wahrheit durchsickern würde.
Während der Bombenanschlagskrise manipulierte die PP-Regierung den
staatlichen Fernsehkanal, Televisión Espanola. Nach den Bombenanschlägen
suchten Menschen vergeblich Sondersendungen und fanden, dass die
Hauptkanäle nur ‘Lion King’ und Science-Fiction-Filme zeigten.
Informationsdienste wurden ausgeschaltet. Eine Wählerin, Noelia
Almenaria, fasste die Stimmung zusammen: ”Sie halten Dinge vor uns
zurück. Es ist wie ein Albtraum aus einem amerikanischen Film” (El País,
15/3/04).
Selbst während der Massenkundgebung in Madrid zum Gedenken an die
Getöteten begann sich Misstrauen aufzustauen. Die Regierungsparole auf
dem Haupttransparent lautete: ”Verteidigung der Verfassung.” Dies
ärgerte sofort die BaskInnen, KatalanInnen und andere Völker, die eine
Verfassungsänderung fordern.
Diese Furcht wurde zweifellos angeheizt durch die vergangene Verbindung
von Teilen der PP mit dem früheren Diktator Franco. Die von der
Regierung versuchte Vertuschung hatte alle Anzeichen der
Regierungsmanipulation und Verzerrungen, die unter der alten Diktatur
organisiert wurden. In der Tat war Aznar ein früheres Mitglied der FES
(Studentengewerkschaftsfront) – der Jugendorganisation der
faschistischen ‘Falange’.
Am Wahltag zeigte sich die Wut und Revolte gegen die Regierung auf den
Straßen und richtete sich gegen die PP-Führer. Mariano Rajoy, der
PP-Führer, der auserkoren war, Aznar nachzufolgen, wurde von einer
Gruppe Protestierer konfrontiert, die riefen: ”Ihr seid Faschisten; ihr
seid die wirklichen Terroristen”, als er zum Wählen an seinem örtlichen
Wahllokal ankam.
Die Gebiete mit den größten Stimmenveränderungen gegen die PP waren das
Baskenland und Katalonien. Die PP-Regierung hatte auf die Forderungen
der baskischen und katalanischen Völker nach größerer Autonomie und
Unabhängigkeit reagiert, indem sie sich weigerte, mit den
nationalistischen Parteien auch nur zu verhandeln. Die Esquerra
Republican de Catalunya (Linksrepublikanische Partei Kataloniens) war
das Ziel einer Kampagne der PP, weil sie Gespräche mit der ETA führte.
Später wurde enthüllt, dass die PP im Voraus von den Gesprächen gewusst
hatte und sie erst nachträglich anprangerte. Die ERC machte wichtige
Fortschritte bei den Wahlen.
Im Baskenland weigerte sich die PP-Regierung, mit der kapitalistischen
nationalistischen PNV zu verhandeln, die größere Autonomie fordert. Die
baskische nationalistische Partei Herri Batasuna, die 1999 [im
Baskenland] 20% der Stimmen bekam, wurde wegen ihrer Verbindungen mit
der ETA verboten. Die Partei wurde dann als Batasuna wiedergegründet,
die auch verboten wurde.
Dies wurde verbunden mit gegen die ETA und auch gegen die baskischen und
katalanischen Völker gerichteter Unterdrückung. In Pamplona wurde nach
den Bombenanschlägen ein Bäcker von der Polizei erschossen, weil er sich
weigerte, in seinem Ladenfenster ein Poster ”gegen Terrorismus”
aufzuhängen.
Wahleinschüchterung
Unterdrückung und Einschüchterung wurden auch anderswo versucht, auch in
Madrid. WählerInnen, die in Wahllokalen ankamen, wurden gelegentlich von
der Polizei und Vertretern der Wahlkommissionen gestoppt und
aufgefordert, Antikriegssticker abzunehmen. Von manchen wurden die
Personalien aufgenommen. El País berichtete von einer Gruppe von
Freunden aus einem örtlichen Fußballteam, die bei der Bombenexplosion
einen Freund verloren hatten. Die Jugendlichen kamen an den Wahlkabinen
an mit der Nummer 14, der Spielernummer ihres Freundes und begannen,
Antikriegslieder zu singen. Die Polizei hinderte sie daran, das vor den
Wahlkabinen zu machen, weil sie, wie die Polizei sagte, ”versuchten, das
Wahlverhalten zu beeinflussen”.
DemonstrantInnen in Madrid, die den Rücktritt der Regierung forderten,
waren mit Polizeisondereinheiten konfrontiert, nachdem Proteste am
Wahltag für illegal erklärt wurden.
Aber diese Versuche, zu verhindern, dass sich die Antikriegsstimmung der
Masse des spanischen Volkes in den Wahlen ausdrückt, scheiterten völlig
und ging nach hinten los, als die Flut der Revolte die PP aus dem Amt fegte.
Die neue PSOE-Regierung unter der Führung von Zapatero war gezwungen,
diese Stimmung auszudrücken, die über Spanien hinwegschwemmte. Diese
Ereignisse haben schon internationale Auswirkungen gehabt. Die Wahl von
Zapatero hat die Lage verkompliziert, vor der Bush und Blair stehen und
wird helfen, die Opposition gegen sie sowohl in Britannien als auch den
USA zu stärken. Zapatero war gezwungen, die Antikriegsstimmung zu Hause
auszudrücken, und prangerte den Krieg gegen den Irak und die Besetzung
als ‘verheerend’ an. Er hat auch gedroht, die spanischen Truppen aus dem
Irak abzuziehen, wenn die Macht nicht bis Ende Juni an die UNO und das
‘Irakische Volk’ übertragen ist.. Spaniens Militärpräsenz im Irak ist
minimal, aber sollte seine Regierung sie abziehen, würde das die
Opposition gegen die Besatzung stärken. Es könnte den Druck auf manche
anderen Länder mit einer kleinen Militärpräsenz wie Polen oder sogar
Italien verstärken, schnell nachzufolgen. Es kann auch helfen, die
Stimmung für einen Abzug in den USA und in Britannien zu verstärken,
besonders wenn sich der Konflikt im Irak verschärft. Blair, Bush und
John Howard in Australien werden sich nach diesen Ereignissen alle unter
vergrößertem Druck fühlen.
Die Niederlage von Aznar wird sich auch in den zwischenstaatlichen
Beziehungen der EU spürbar machen. Spanien wird jetzt eher einen
Kompromiss bei seinem Stimmrecht innerhalb der EU machen und sich enger
mit Frankreich und Deutschland verbinden.
Innerhalb Spaniens ist es auch möglich, dass Zapatero Verhandlungen mit
den nationalistischen Parteien im Baskenland und in Katalonien beginnen
wird. Es ist problematisch, ob sie fähig sein werde, zu einer
Vereinbarung zu kommen. Auf kapitalistischer Grundlage werden sie nicht
fähig sein, die Forderungen und Bestrebungen der Völker in diesen
Gebieten zu erfüllen.
Aber diese Änderungen in der Politik stellen keinen Versuch der PSOE
dar, den Kapitalismus in Frage zu stellen. Sie sind auch kein Versuch,
Reformen zu Gunsten der Arbeiterklasse und der Armen einzuführen. Die
PSOE und ihre Führer unterstützen den Kapitalismus voll. Diese
Änderungen in der Politik werden vielmehr gemacht, um die Interessen des
Kapitalismus besser als die ultrakonservative Politik von Aznar zu
managen, der wie Blair eine gehorsame Haltung gegenüber dem
US-Imperialismus eingenommen hat. Obwohl die neue PSOE-Regierung ein
paar kosmetische Maßnahmen wie Stärkung der Rechte von befristet
beschäftigten ArbeiterInnen versuchen mag, um Unterstützung zu gewinnen,
wird sie zweifellos auch zu Angriffen auf die Arbeiterklasse schreiten
und mehr neoliberale Politik einführen. Die schlimmen Angriffe der
Schröder-Regierung in Deutschland gegen die Arbeiterklasse nach dem
Wahlsieg der sozialdemokratischen SPD, der zum Teil an Schröders
scheinbarer Antikriegspolitik lag, ist eine Warnung für das, was sich in
Spanien entwickeln wird.
Die neoliberale Politik der PSOE kam am Tag nach der Wahl zum Ausdruck.
Miguel Sebastián, der neue Finanzminister und frühere Chef der
Forschungsabteilung von BBVA, Spaniens zweitgrößter Bank, versicherte
internationalen Investoren, dass die neue Regierung ”rigoros und
orthodox” in ihrer neuen Wirtschaftspolitik wäre. Er versprach einen
Haushalt auf der Grundlage ”…eines orthodoxen Wirtschaftsprogramm auf
der Grundlage von Haushaltsstabilität, weiterer Liberalisierung und
einer größeren Überprüfung des Steuersystem… Wir werden eine
marktfreundliche Regierung sein.”
Izquierda Unida hat angekündigt, dass sie ‘loyal’ zur neuen Regierung
sein wird und hat klar signalisiert, dass sie keine Alternative zu der
‘marktfreundlichen Regierung’ bieten wird.
Spanische ArbeiterInnen und Jugendliche sehen zweifellos die Niederlage
der PP-Regierung als einen großen Sieg. Er hat bedeutsame Rückwirkungen
international und ist eine Warnung an Bush, Blair, Howard und andere,
die den Krieg gegen den Irak unterstützten.
Aber die Stellungnahme der neuen Regierung zur Wirtschaft ist eine
Warnung an spanische ArbeiterInnen und Jugendliche. Zapatero wird eine
Politik umsetzen, die die Interessen des Kapitalismus verteidigt.
Weitere Privatisierungen sind geplant neben anderen Angriffen auf die
Arbeiterklasse. Die PSOE wurde bei der Parlamentswahl 1996 nach Jahren
der Umsetzung prokapitalistischer arbeiterfeindlicher Politik
geschlagen. Die Versicherung, die Miguel Sebastián den Finanzmärkten
gab, zeigt, dass Zapateros Regierung den selben Weg gehen wird. Nach der
Niederlage der PP ist die Aufgabe, vor der ArbeiterInnen und
SozialistInnen stehen, eine wirkliche sozialistische Alternative zu den
bestehenden prokapitalistischen Parteien aufzubauen – für eine Partei,
die den Kampf gegen die Besetzung des Irak fortsetzen und kämpfen wird für:
Nein zu Terrorismus und nein zu imperialistischem Krieg
Abzug aller imperialistischen Streitkräfte aus Irak und dem Nahen Osten
Nein zu Rassismus und rassistischen Angriffen
Keine weiteren Privatisierungen und für Wiederverstaatlichung aller
privatisierten Firmen in Spanien
Für einen demokratisch-sozialistischen Produktionsplan auf der Grundlage
der Verstaatlichung der führenden Monopole und Banken und ihrer
demokratischen Leitung und Verwaltung durch die Arbeiterklasse.
Volle nationale und demokratische Rechte für das Baskenland, Katalonien,
Galizien, Navarra und alle anderen Völker.
Für ein demokratisches, sozialistisches Spanien und eine freiwillige
sozialistische Föderation der Iberischen Halbinsel mit vollen
demokratischen und nationalen Rechten für ihre Völker einschließlich des
Rechts auf größere Autonomie oder Unabhängigkeit, wenn das betreffende
Volk es will
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