[Postfixbuch-users] Kurze Frage zu signierten E-Mails

Wilhelm Boltz lists at boltzclan.de
Mi Sep 2 12:14:19 CEST 2009


Hallo Peer & Peer,

On Mittwoch, 2. September 2009 10:01:13 Peer Heinlein wrote:
> Am Mittwoch 02 September 2009 schrieb Dr.Peer-Joachim Koch:
> > vielen Dank für die Info. Mir ging es im wesentlichen darum, ob
> > man z.B. Fristen etc. per Mail setzen kann, oder ob man
> > zwingend ein FAX benutzen muss.
>
> Juristenantwort: Das kommt drauf an.
>
> Also zunächst einmal: Es gibt im Deutschen Recht *KEINE*
> Rechtsformvorschriften. Eine Willenserklärung bringt den Willen
> des Erklärenden zum Ausdruck und eine Einigung (aka Vertrag) sind
> zwei übereinstimmende Willenserklärungen der beiden Parteien.

Na, ab § 125 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) finden sich einige 
Regelungen zu Formfragen, die logisch voraussetzen, dass in 
bestimmten Fällen Formen für wirksame Willenserklärungen 
vorgeschrieben sind. 

> Nirgendwo steht, daß Willenserklärungen schriftlich / per
> Einschreiben / auf Büttenpapier / sonstwie zu erfolgen haben.

Ein Beispiel ist die Kündigung eines Arbeitsvertrages, § 623 BGB.

> Auch mündliche Willenserklärungen sind genauso WEs wie
> schriftliche. Auch eine WE per Mail ist eine WE und ob man ein
> Schriftstück nun als Faximile oder per Einschreiben schickt ist
> piepegal -- warum sollte das auch relevant sein. 

Das ist im Grundsatz richtig. Aber nur im Grundsatz, denn es gibt 
Ausnahmen.

> Den Begriff
> Einschreiben und Fax kennt m.E.n. sowieso das gesamte BGB nicht.
> Und wer seine WE trommelt oder morst, der kann auch das tun.
> Kauft Euch ein Flugzeug und malt "Willst Du mich heiraten" an den
> Himmel -- Willenserklärung ist Willenserkärung.

Letzteres möglicherweise aber unwirksam wegen erkennbarer 
vorübergehender Störung der Geistestätigkeit (§ 105 BGB)? ;-)

> [Ausnahmen sind wenige Dinge mit Rechtsformvorschrift, also
> beispielsweise notarieller Beglaubigung beim Grundstückskauf o.ä.
> bzw. wenn sich die Parteien auf gewisse Formvorschriften geeinigt
> haben.]

oder so etwas völlig exotisches wie eine Lohnabrechnung, die in 
Textform erstellt werden muss, § 108 Gewerbeordnung (GewO), also 
nicht getrommelt werden kann. 

> Sprich: Es geht alleine um die Frage der Beweisbarkeit. Kann ich
> -- sollte man sich streiten -- ausreichend glaubwürdig machen
> (!), daß dem Empfänger die WE zugegangen ist, oder daß man sich
> am Ende sogar übereinstimmend geeinigt hat -- oder umgekehrt,
> kann ich ausreichend glaubwüridg machen, daß der Absender eine
> entsprechende WE getätigt hat (und nicht irgendein Dritter oder
> gar niemand).
>
> Wenn unstrittig sein sollte, daß Du besagte E-Mail mit
> Fristsetzung gemailt hast, dann kannst Du das gerne per Mail tun.
> Wenn der Empfänger nie vorbringt diese Mail nicht bekommen zu
> haben, dann ist doch alles in Butter. Da ist eine Mail sogar
> "mehr wert" als eine mündliche Aussage da Logfiles und andere
> Umstände die Absendung oder auch den Zugang (und deren Inhalt)
> glaubhafter machen, als eine reine mündliche Übermittlung ohne
> Zeugen.
>
> Ergo: Eine Signatur, gleich ob qualifiziert oder nicht, ändert
> nichts an der Frage der Absendung oder des Zugangs. Eine Signatur
> hilft mir als Absender beweisen zu können, daß der Empfänger
> meine Mail gefälscht hat und nun etwas behauptet, was ich nicht
> geschrieben habe. Oder andersherum: Daß ich beweisen kann, DASS
> der Absender etwas behauptet hat, das er mir zugeschickt hat.
>
> > Wie gesagt mir ging es vorrangig um Firsten etc.

Da die qualifizierte Signatur die gleiche Funktion hat wie die 
Unterschrift bei der Schriftform, kommt es darauf schon an, wenn es 
um diese Funktion geht, weil Schriftform vorgeschrieben ist. Das hat 
allerdings zur Zeit noch keine praktische Bedeutung, steht aber 
schon im Gesetz, guckstu § 126 a BGB.

> Juristisch eher die Frage, ob Du eine Fristsetzung auch sauber
> mit Ablehnungsandrohung o.ä. verknüpfts. Eine Fristsetzung ohne
> Folge ist relativ belanglos.
>
> Das hat aber alles nichts mit der Frage Mail / Einschreiben / Fax
> / Trommel zu tun.
>
> Kurz noch zu den anderen Aussagen:
> > >> Soweit ich weiß, ist eine "qualifizierte elektronische
> > >> Signatur" nach Signaturgesetz als Unterschrift gültig,
> > >> sofern nicht ausdrücklich eine eigenhändige verlangt ist.
>
> Ja, aber auf Unterschriften kommt es hier nicht an wenn der
> Urheber der WE klar erkennbar und unstrittig ist.
>
> > > da kann man sich diesen Blödsinn mit dem E-Mail Fuß sparen,
> > > in dem man darauf hinweist, dass die Mail vertrauliches
> > > enthalten könne.
>
> Diese Footer sind eh reiner Datenmüll weil irrelevant. Egal waß
> jemand in seine Signatur für einen Psalm reinschreibt: Das ist
> DESSEN Willenserklärung. Da ich als Empfänger dieser WE sowieso
> nicht zustimme gibt es auch keine zwei übereinstimmende WEs. Und
> damit gibt es keinen Vertrag. Also kann der Absender
> reinschreiben daß ich die Strasse mit der Zahnbürste zu putzen
> habe wenn ich jemanden was vom Inhalt der mail erzähle. Na und?
> Da ich dem nicht zugestimmt habe ist das alles nur Datenschrott.
>
> Diese Signaturen sind reiner Müll. Schade um den Strom drin.
>
>
> Mit freundlichen Grüßen
>
> Peer Heinlein

Gruß
Willi




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