[SAV-newsletter] Landesparteitag der WASG Berlin & Berliner Appell
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Di Nov 29 15:20:30 CET 2005
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
am Wochenende fand der Berliner Landesparteitag der WASG statt, der die
Perspektiven zur Neuformierung der Linken in Berlin und bundesweit
diskutiert hat. Dazu dokumentieren wir:
- einen Bericht zum Landesparteitag der WASG Berlin auf sozialismus.info
http://www.sozialismus.info/index.php?name=News&sid=1447
- einen Bericht des geschäftsführenden Landesvorstands der WASG Berlin
(siehe Anhang)
- Den Berliner Appell - Für den Aufbau einer neuen politischen Kraft
gegen neoliberale Politik
**Jetzt Unterzeichnen unter www.berliner-appell.de**
solidarische Grüße
Holger Dröge
An die Mitglieder der Landes- und Kreisvorstände der WASG
an die Mitglieder des Länderrats der WASG
an den Bundesvorstand der WASG
Bericht vom Landesparteitag der WASG Berlin am 26./27.11.2005 Berlin,
28.11.2005
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir möchten Euch mit diesem kurzen Schreiben über den 3. Landesparteitag
der WASG Berlin am 26./27.11.2005 informieren.
Im Mittelpunkt des Parteitags standen Debatten zur Perspektive der
Neuformierung der Linken auf Bundes- und Berliner Ebene.
Zum Tagesordnungspunkt „Lage der WASG/Perspektiven eines
Linksbündnisses“ sprachen Klaus Ernst und Christine Buchholz für den
Bundesvorstand und Inge Höger-Neuling für die Bundestagsfraktion der
Linkspartei.PDS.
In der anschließenden Debatte war das „Kooperationsabkommen III -
Rahmenvereinbarung zum Parteibildungsprozess zwischen Linkspartei.PDS
und WASG“ ein wichtiges Thema. Das Kooperationsabkommen liegt als Antrag
des Bundesvorstands der Linkspartei.PDS dem Bundesparteitag der
Linkspartei am 10./11.12.2005 in Dresden vor.
Am Ende der Diskussion wurde das Kooperationsabkommen durch eine
übergroße Mehrheit der Delegierten auf Grundlage eines Initiativantrages
abgelehnt. Aus dem Beschluss:
„Der Landesverband Berlin lehnt das "Kooperationsabkommen III -
Rahmenvereinbarung zum Parteibildungsprozess zwischen Linkspartei.PDS
und WASG" ab. Der Landesverband fordert den Bundesvorstand auf, dem
Entwurf des Kooperationsabkommens, sollte er zur Abstimmung gestellt
werden, nicht zuzustimmen.
Der Landesvorstand wird beauftragt, alternative Vorstellung zur
Gestaltung der Beziehungen zur Linkspartei.PDS zu entwickeln und bis
Ende Januar einen entsprechenden Entwurf für einen Leitantrag an den
vierten Parteitag vorzulegen, der in der Mitgliedschaft diskutiert
werden – und nach der Entscheidung des Landesparteitages – dem
Bundesparteitag vorgelegt werden kann.“
Aus der Begründung: „Das Abkommen übernimmt zentrale programmatische
Positionen der PDS (Potsdamer Dreieck, Punkt 2, Absatz 2), ohne das eine
Verständigung über diese Fragen in der WASG bereits stattgefunden hätte.
Insbesondere der Anspruch auf Mitgestaltung, d.h. der Beteiligung an
Regierungen, ist innerhalb der WASG aus guten Gründen umstritten. Diese
Kritik soll aber innerhalb der künftigen gemeinsamen Formation
marginalisiert werden, denn mit der Annahme von Punkt 6 – der Ablehnung
konkurrierender Kandidaturen – würden die Regierungsbeteiligungen der
Linkspartei.PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern praktisch der
Kritik entzogen.“
In der zweiten Diskussion zur „Situation des Landesverbandes Berlin“
lagen dem Parteitag zwei alternative Leitanträge des ehemaligen
Landesvorstandes und der Bezirksgruppe Friedrichshain-Kreuzberg vor.
Der zentrale Unterschied zwischen den beiden Leitanträgen bestand in der
Frage des Zeitplans der Entscheidungsfindung hinsichtlich eines
eigenständigen oder gemeinsamen Wahlantritts mit der Linkspartei.PDS bei
der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 17. September 2006.
Der Antrag des ehemaligen Landesvorstandes befürwortete eine
Entscheidung nach den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und
Baden-Württemberg Ende März.
Die deutliche Mehrheit der Parteitagsdelegierten (Zweidrittelmehrheit)
entschied sich für den Antrag aus Friedrichshain-Kreuzberg, der eine
Entscheidung des 4. Landesparteitags Ende Februar und damit vor dem
Bundesparteitag der WASG vorsieht. Eine Urabstimmung der Berliner
WASG-Mitglieder ist für den Zeitraum vom 28.02. bis 07.03.2006 vorgesehen.
Die Begründung bestand für die Mehrheit des Parteitages darin, dass im
Falle eines eigenständigen Wahlantritts die Zeit für die Vorbereitung
desselben dringend benötigt würde und dass es von Vorteil wäre, wenn die
Berliner Delegierten des Bundesparteitages mit einem klaren Votum des
Berliner Landesverbandes dessen Position dem Bundesparteitag darlegen
könnten.
Der Argumentation des Bundesvorstands und des Leitantrages des
ehemaligen Landesvorstandes, wonach eine Entscheidung vor Ende März für
die WASG-Wahlkämpfe in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg schädlich
sei, wurde entgegen gehalten, dass eine eigenständige Kandidatur in
Berlin den Wahlkämpfen nicht schaden könne, sondern dass im Gegensatz
eine Fortsetzung der Kürzungspolitik der Linkspartei/PDS in Berlin eine
problematische Wirkung hätte.
Einigkeit bestand unter den Delegierten, dass die verabredeten
öffentlichen Foren mit der Linkspartei/PDS unter Hinzuziehung von
AktivistInnen aus den sozialen Bewegungen und aus dem betrieblichen und
gewerkschaftlichem Spektrum zur Klärung der inhaltlichen Grundlage einer
möglichen gemeinsamen Kandidatur umgehend organisiert und durchgeführt
werden sollen.
Der beschlossene Leitantrag formuliert diesbezüglich inhaltliche
Kernforderungen, zu denen sich die Linkspartei/PDS verhalten soll. Diese
Forderungen wurden bereits in ähnlicher Form durch den
Landesdelegiertenrat am 01.09.2005 beschlossen:
Rücknahme des Risikoabschirmungsgesetzes für die Bankgesellschaft;
Rücknahme der Kürzungen im Bildungsbereich und Sozialbereich; Keine
Privatisierung bei der öffentlichen Daseinsfürsorge; Rekommunalisierung
der Berliner Wasserbetriebe; Rückkehr in den kommunalen
Arbeitgeberverband; Verzicht des Landes Berlin auf die Einrichtung von
„1 Euro Jobs“ (Auszug).
Die Foren sollen nach Vereinbarungen mit der Linkspartei.PDS Berlin bis
Mitte Februar abgeschlossen sein.
Ob es zu einer gemeinsamen Kandidatur in Berlin kommen wird, hängt damit
entscheidend von einer deutlichen Kurskorrektur der Linkspartei/PDS ab.
Den Verzicht auf eine Koalitionsaussage der Linkspartei.PDS zu Gunsten
der SPD wurde als unzureichend betrachtet. So wird im Leitantrag der
Linkspartei.PDS Berlin an den Landesparteitag am 03./04.12. zwar auf
eine solche verzichtet, die Politik des rot-roten Senats aber als Erfolg
betrachtet: „Die Ergebnisse rot-roter Politik der ablaufenden
Legislaturperiode können sich sehen lassen. (...) Berlin ist 2005
besser, als es 2001 war, solider – und gemessen an den Rahmenbedingungen
– sozialer.“
In einem weiteren Tagesordnungspunkt zum Thema Privatisierung
beschlossen die Delegierten, ab März 2006 eine breit angelegte Kampagne
gegen Privatisierung und Teilprivatisierung der öffentlichen
Daseinsvorsorge in Berlin durchzuführen.
Carsten Becker, Vorsitzender der ver.di-Betriebgruppe der Charité,
klärte über die Zustände an der Charité auf, wo der rot-rote Senat
gemeinsam mit dem Klinikums-Vorstand 31,7 Millionen Euro bei den
Personalkosten einsparen will. Die WASG Berlin solidarisiert sich mit
den streikenden Kolleginnen und Kollegen der Charité und unterstützt den
Warnstreik am 2.11.2005.
Auch Bundesvorstandsmitglied Klaus Ernst sprach sich dafür aus, die
KollegInnen zu unterstützen. Am Ende des Parteitages wurde beschlossen,
dass Klaus Ernst als Redner der WASG zum Warnstreik der
Charité-KollegInnen eingeladen werden soll.
Am Sonntag, 27.11. fanden schließlich die Neuwahlen zum Landesvorstand
statt. Alle außer einem Landesvorstandsmitglied hatten zu diesem
Zeitpunkt ihren Rücktritt erklärt und sich entsprechend eines
Beschlusses des ehemaligen Landesvorstandes verhalten, zum 3.
Landesparteitag geschlossen zurück zu treten. Tom Maier (ehemaliges
Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstandes) blieb dem Parteitag
fern und hatte keine schriftliche Rücktrittserklärung hinterlegt. An
diesem Punkt entzündete sich eine kurze Debatte über die Rechtmäßigkeit
der Neuwahl.Es wurde sich schließlich darauf geeinigt, lediglich zehn
Mitglieder des Landesvorstandes neu zu wählen.
Einige Delegierte eines Bezirksverbandes (von zwölf Bezirksverbänden)
beteiligten sich nicht an der folgenden Abstimmung, weil sie der Meinung
waren, dass sich ein Teil der zur Wahl stehenden Kandidatinnen und
Kandidaten im Vorhinein über die Anzahl der Kandidaturen verständigt
hätte.
Die Berichte in der Presse, wonach einige Bezirksverbände den Parteitag
verlassen hätten, entsprechen nicht der Wahrheit.
Die in der Presse erwähnten „Tumulte“beschränkten sich auf eine
Handgreiflichkeit seitens eines nicht-delegierten Parteimitglieds gegen
ein Mitglied des neu gewählten Landesvorstandes. Das genannte Mitglied
entschuldigte sich umgehend nach der kurzen Auseinandersetzung.
Die Auseinandersetzung ereignete sich in einer Pause. Die Darstellung in
der Presse, wonach der Parteitag deshalb unterbrochen werden musste,
entspricht nicht dem realen Verlauf.
Mitglied des neu gewählten geschäftsführenden Landesvorstandes sind
Rouzbeh Taheri (Schatzmeister), Stefan Müller und Lucy Redler.
Die Mitglieder des erweiterten Landesvorstandes sind Hakan Doganay,
Michael Hammerbacher, Klaus-Dieter Heiser, Mary Killian, Ruben Lehnert,
Michael Prütz und Andrea Schulteisz. In der Mehrheit unterstützen die
Landesvorstandsmitglieder die Ausrichtung des Leitantrags aus
Friedrichshain-Kreuzberg. Es wurde jedoch strömungsübergreifend gewählt.
Die Vertreter der Minderheitsposition haben ihren Willen erklärt,
konstruktiv in der Berliner WASG und im Landesvorstand mitzuarbeiten und
die Partei gemeinsam aufzubauen.
Wir sind gerne bereit auf Landesparteitagen oder regionalen und
örtlichen Mitgliederversammlungen über die Lage in Berlin zu informieren
und freuen uns über Einladungen. In den nächsten Tagen werden alle
Beschlüsse und Materialien auf unserer Website www.wasg-berlin.de
veröffentlicht.
Mit solidarischen Grüßen,
Stefan Müller, Lucy Redler, Rouzbeh Taheri
Geschäftsführender Landesvorstand WASG Berlin
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