<HTML><FONT FACE=arial,helvetica><FONT  SIZE=2 PTSIZE=10>Entfesselte Mutanten
<BR>Künast: Regierung einigt sich auf Gentechnikgesetz.
<BR>Genmais darf bald angebaut werden
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<BR>Pech für Renate Künast. Die grüne
<BR>Verbraucherschutzministerin ist diejenige, die dafür zu sorgen
<BR>hat, daß auch in der Bundesrepublik bald Genmais und andere
<BR>sogenannte gentechnisch veränderte Organismen (GVO)
<BR>angebaut und auf den Markt gebracht werden können. Mit
<BR>einer Gesetzesnovelle muß sie die bereits 2001
<BR>verabschiedete Neufassung der EU-Freisetzungsrichtlinie in
<BR>nationales Recht umsetzen. Die Europäer sind in der
<BR>Welthandelsorganisation von den USA im vergangenen Jahr
<BR>auf Öffnung ihrer Märkte gegenüber Genfood verklagt worden,
<BR>und auch die europäischen Biotechnologie- und
<BR>Saatgutkonzerne haben erfolgreiche Lobbyarbeit betrieben.
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<BR>Am Montag gab Renate Künast nun per Zeitungsinterview
<BR>bekannt, die Regierung habe sich nach langem Streit auf einen
<BR>Entwurf für ein Gentechnikgesetz geeinigt. Im Februar werde
<BR>das Kabinett das Gesetz verabschieden. Bereits seit dem
<BR>Frühsommer 2003 ging es in dieser Angelegenheit nur noch um
<BR>Schadensbegrenzung, und um die hat Künast sich immerhin
<BR>bemüht. Gleichwohl hob auch sie vor allem hervor, es sei zu
<BR>begrüßen, daß nach der neuen EU-Richtlinie Lebensmittel, die
<BR>GVO enthalten, nun gekennzeichnet werden müssen. Daß
<BR>damit auch ein seit 1998 geltendes Moratorium für den
<BR>großflächigen Anbau dieser Pflanzen beendet wird, machte
<BR>auch sie zunächst nicht publik.
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<BR>In der Berliner Zeitung (Montagausgabe) betonte Künast, das
<BR>Gesetz werde die »Koexistenz« gentechnikfreier
<BR>Landwirtschaft und der Anbauer von Genfood wie auch die
<BR>Haftung für die unbeabsichtigte Freisetzung von GVO regeln.
<BR>In der Verordnung zum Gesetz werde man exakte Regeln
<BR>vorschreiben. So werde es für jede Pflanzenart bestimmte
<BR>Mindestabstände zwischen den Feldern sowie Schutzhecken
<BR>geben. Außerdem sei ein Standortregister geplant, mit dem
<BR>sich Landwirte »flurstücksgenau informieren können, wer
<BR>Genpflanzen anbaut«. Wenn etwa Nachbarn von
<BR>Genmais-Anbauern durch unerwünschte Auskreuzungen
<BR>infolge Pollenflugs geschädigt würden, hafte »prinzipiell der
<BR>Verursacher«. Vor Zivilgerichten könnten die Verursacher auf
<BR>Schadensersatz verklagt werden.
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<BR>Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes
<BR>Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), zeigte sich
<BR>gegenüber jW skeptisch, ob diese Verordnung geeignet ist, die
<BR>gentechnikfrei produzierenden Bauern vor wirtschaftlichen
<BR>Verlusten durch die unkontrollierte Verbreitung der
<BR>Genpflanzen zu schützen. Es müsse nun verhindert werden,
<BR>daß schon vor Inkrafttreten der Verordnung zum Gesetz in
<BR>Deutschland Genpflanzen angebaut werden.
<BR>
<BR>Künast bestätigte indes am Montag, daß es voraussichtlich
<BR>schon im Sommer zur ersten neuen Zulassung einer
<BR>genveränderten Maissorte durch die EU kommen wird. »Ich
<BR>rechne damit, daß spätestens im Herbst genveränderter Mais
<BR>in den Regalen der europäischen Supermärkte auftaucht«, so
<BR>die Ministerin. Wer will, kann sich notfalls bereits ab April auf
<BR>europäisches Recht berufen, wenn er in der BRD Genfood
<BR>anbaut. Laut Künast bekommen die Verbraucher mit der
<BR>Kennzeichnungspflicht »erstmals« das »Recht der Wahlfreiheit.
<BR>Und die Landwirte erhalten sichere Rahmenbedingungen«.
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<BR>Umwelt- und Verbraucherschützer haben den Gesetzentwurf
<BR>dagegen als unzureichend kritisiert. Die »sogenannte
<BR>Wahlfreiheit« sei eine »Mogelpackung«, sagte Henning
<BR>Strodthoff, Gentechnikexperte bei der
<BR>Umweltschutzorganisation Greenpeace. Statt Landwirten das
<BR>Recht auf gentechnisch veränderten Anbau einzuräumen,
<BR>müsse das Gesetz Verbraucher und Bauern vor ungewolltem
<BR>Kontakt mit diesen Produkten schützen. Zudem könnten sich
<BR>Gentechnikverfechter immer darauf berufen, daß mit dem
<BR>Gesetz auch die Biotechnologie gefördert werden soll. Diese
<BR>Aussage sei weiterhin im Gesetzentwurf enthalten. Dies
<BR>kritisierte auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
<BR>Dessen Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm sagte, wie ernst
<BR>Künast es mit dem Vorsorgeprinzip nehme, müsse sie jetzt bei
<BR>genmanipulierten Zuckerrüben und Raps beweisen. Nach
<BR>jüngsten britischen Studien führe der Anbau solcher Pflanzen
<BR>zu einem Rückgang der Artenvielfalt. Diese Tatsache müsse
<BR>genügen, um das entsprechende Saatgut zu verbieten.
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<BR>Auch für den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv)
<BR>bleiben »große Fragezeichen«. Bei der Haftung etwa müsse
<BR>die Beweislast umgekehrt werden, forderte vzbv-Sprecher
<BR>Carel Mohn. Dem einzelnen Bauern sei nicht zuzumuten, vor
<BR>Gericht den komplizierten Nachweis zu führen, daß seine
<BR>Felder durch genverändertes Saatgut verunreinigt worden
<BR>seien. Statt dessen müsse der Gen-Bauer im Streitfall das
<BR>Gegenteil nachweisen. Unklar sei auch, wer das geplante
<BR>Standortregister für Gen-Anbauflächen finanzieren werde: Dies
<BR>bedeute einen »immensen Verwaltungsaufwand« für eine
<BR>»Technologie, deren Nutzen sich sehr in Grenzen hält«, sagte
<BR>Mohn.
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<BR>Jana Frielinghaus
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<BR>www.jungewelt.de/2004/01-13/001.php</FONT></HTML>