<A href="http://www.oneworldweb.de/tdh/presse/jb2002_namibia.html" target=_blank>http://www.oneworldweb.de/tdh/presse/jb2002_namibia.html</A><BR><BR>Das Wissen der San - Namibia: Wie Kulturen aufeinander treffen<BR><BR>Von Ulrich Tietze<BR>terre des hommes-Koordinator für das südliche Afrika<BR><BR><BR>Die alte Qoama kennt sich mit den wilden Früchten der Kalahari aus.<BR>Dass ihre Enkelkinder gerne die Morama-Nüsse essen, die sie im<BR>April von den gedrungenen buschigen Bäumen pflücken, macht sie<BR>sehr zufrieden. Sie weiß, dass diese Nüsse nicht nur eine<BR>Abwechslung auf dem Speiseplan ihrer Familie sind, sondern eine<BR>wichtige Ergänzung zu dem eher eintönigen Maisbrei bedeuten, der<BR>heute normalerweise ihre Kinder und Enkel satt macht.<BR><BR>Dass diese Nuss reich an Vitaminen ist, weiß sie nicht. Ein Wort für<BR>Vitamin gibt es in ihrer Ju|’hoan- Sprache - einer von vielen<BR>Sprachen der San-Gruppen im südlichen Afrika - nicht. Auch ihre<BR>Nachbarn, die Naro spr
echen, und auch die !Kung können mit<BR>diesem Begriff aus den Wissenschaften des Nordens wenig<BR>anfangen.<BR><BR>Überleben in der Kalahari<BR><BR>Qoama lebte mit ihrem Mann Gamnqoa lange in der Wüste.<BR>Wasser, das sie nach morgendlichem Tau-Nebel fanden, füllten sie<BR>in Straußeneier, die sie dort vergruben, wo Gamnqoa mit den<BR>anderen Männern auf Jagd ging. Nahrung konnten sie auf ihren<BR>langen Treibjagden nicht zu sich nehmen. Die bis zu 40 Stunden<BR>dauernden Hetzjagden, in denen sie die großen Kudu-Antilopen bis<BR>zur Erschöpfung trieben, ließen ihnen keine Zeit dazu. »Der Große<BR>Tanz« nannten sie diese Hetzjagden. Hier wurde der Jäger eins mit<BR>dem Kudu, er versetzte sich in das Kudu, ahnte seine Wege voraus<BR>und erlegte es zuletzt aus kurzer Distanz mit seinem Speer. Die<BR>getrockneten Fleischstreifen der Beute waren dann für viele Wochen<BR>die Proteingabe, die die Menschen am Leben hielten. Aushalten<BR>konnten sie die Strapazen in der Kalahari, in
dem sie während der<BR>Jagd auf Stücken des Hoodia-Kaktus kauten, einer gurkengroßen<BR>Pflanze, die das Hunger- und Durstgefühl unterdrückte.<BR><BR>Buschmann-Folklore statt Anerkennung<BR><BR>Die San - früher auch Buschmänner genannt - wissen wie kein<BR>anderes Volk Afrikas in den unwirtlichsten Gegenden dieses<BR>Kontinents zu überleben. Viele meinen deswegen - manchmal in<BR>romantischer Verklärung nach dem »edlen Wilden« Ausschau<BR>haltend -, dass die San schon immer als ihr eigener Souverän in den<BR>Wüsten gelebt hätten und hierfür ideal ausgestattet seien. Aber das<BR>Leben in der Wüste ist ein Überleben in den Refugien, in die sie die<BR>schwarzen Bantu-Stämme schon vor hunderten von Jahren<BR>vertrieben haben, als diese aus dem zentralen Afrika kommend den<BR>Süden des Kontinents besiedelten.<BR><BR>Kleiner im Körperbau, mit einer eher gelblichen Haut, lassen sich die<BR>San leicht von den dunklen und groß gewachsenen Bantus<BR>unterscheiden. Welche Bedeutung die
San hatten, zeigt sich auch<BR>daran, dass sich die typischen Klicklaute ihrer Sprache - im Zeitalter<BR>der Computertastatur mit vor- oder nachgestellten Sonderzeichen<BR>wie !, | , ’ oder ¶ dargestellt - auch in heute weit verbreiteten<BR>afrikanischen Sprachen wie der der !Xhosa wiederfinden.<BR><BR>Auch wenn das Bild des frei in der Wüste jagenden Buschmanns in<BR>den Brosch?ren der Namibia- und Botswana-Touristen gerne weiter<BR>kolportiert wird - es ist anders um die San bestellt: Die freien<BR>Flächen, die sie zum Jagen und zum Auffinden der Feldfrüchte<BR>brauchen, werden immer mehr reduziert; ehemalige San-Gebiete<BR>gehören weißen Farmern oder wurden in Gemeinschaftsland<BR>(»Communal Land«) umgewandelt, welches überwiegend von<BR>Schwarzen bewohnt wird.<BR><BR>In Botswana wurden große Gebiete zu Safari-Parks umdeklariert,<BR>die hohe Einnahmen versprechen. Die Ethno-Touristen stoßen an<BR>den Bars der schicken Lodgen auf das Pflanzenwissen der San mit<BR>industri
ell gefertigtem »Kahlahari Liquor« aus der Wüstenmelone an.<BR>Die San haben sich vielfach mit diesem Tourismus arrangiert, auch<BR>wenn es nur die Brocken vom Tisch der Reichen sind, die beim<BR>Verkauf von Schmuck aus Straußeneiern und dem Vorführen ihrer<BR>traditionellen Tänze für sie abfallen.<BR><BR>Harter Überlebenskampf: Gemüsebeet mitten in der Wüste<BR>Foto: Steve Felton<BR>Pflanzenwissen für Diät-Wahn<BR><BR>Nun hat die westliche Pharmaindustrie den Hoodia-Kaktus entdeckt:<BR>Im April letzten Jahres verkündete die kleine Firma Phythopharm,<BR>dass sie sich unter dem Codenamen P57 die Patentrechte eines<BR>Appetitzüglers, basierend auf einem afrikanischen Kaktus, gesichert<BR>hat: eine mögliche Wunderdroge für alle, die ohne Nebenwirkung<BR>dünner werden wollen. Phythopharm hatte die Rechte vom<BR>»Südafrikanischen Rat für Wissenschafts- und Industrieforschung«<BR>(CSIR) gekauft. Die Presse feierte die Droge schon als<BR>»Schlankheitstraum« und die Pharmaindustrie
prognostizierte eine<BR>Revolutionierung des sieben Milliarden Euro schweren Diätmarktes.<BR>Kein Wunder also, dass der amerikanische Pharmagigant Pfizer,<BR>erfolgreich bereits mit der Lifestyle-Droge Viagra, kurz darauf die<BR>Rechte an P57 für 17 Millionen Euro erwarb und sich sofort an die<BR>klinische Prüfung machte. Sehr bald stellte sich aber heraus, dass<BR>die Firmen ganz offensichtlich in keiner Weise an die !Kung gedacht<BR>hatten, auf deren Wissen ihre Entdeckung basierte.<BR><BR>Die San fühlten sich betrogen: »100.000 San, die in Südafrika,<BR>Namibia, Botswana und Angola leben, sind empört«, sagte Roger<BR>Chenells, Anwalt der San in dieser Sache. »Es ist, als ob ihnen<BR>jemand das Familiensilber gestohlen hätte und es jetzt mit riesigem<BR>Gewinn verkauft. Sie haben nichts dagegen, dass ihr Wissen zur<BR>Herstellung von Medikamenten genutzt wird, aber man hätte zuerst<BR>mit ihnen darüber reden müssen.« Richard Dixey, der<BR>Geschäftsführer von Phythopharm, b
eteuerte treuherzig: »Ich hatte<BR>wirklich geglaubt, sie wären längst alle ausgestorben.«<BR><BR>Erfolg im Kampf gegen Biopiraterie<BR><BR>Jetzt hat sich ein erster Erfolg eingestellt: Nachdem Roger Chenells<BR>angekündigt hatte, den amerikanischen Multi Pfizer wegen<BR>Biopiraterie zu verklagen, lenkten die Pharma-Unternehmen ein: Im<BR>März 2002 einigte man sich auf eine Beteiligung der San an den zu<BR>erwartenden Einnahmen. Zum ersten Mal gelang es, eine<BR>internationale Firma daran zu hindern, sich das Wissen über lokale<BR>Pflanzen anzueignen und damit ungestraft zu verschwinden.<BR><BR>Ob Qoamas Enkel tatsächlich etwas von diesem Erfolg haben<BR>werden, hängt auch von dem terre des hommes-Partner WIMSA,<BR>der »Arbeitsgruppe für einheimische Minderheiten im südlichen<BR>Afrika«, ab. Farmprojekte sind geplant, vielleicht auch die<BR>großflächige Kultivierung des Hoodia-Kaktus. An den Details wird<BR>noch emsig gearbeitet.<BR><BR>Unterdessen geht es für WIMSA aber auc
h weiter darum, die<BR>Rechte der San zu verteidigen: Erst kürzlich half WIMSA den !Kung,<BR>sich gegen die Verlegung des Flüchtlingslagers Osire in ihr<BR>traditionelles Siedlungsgebiet zu wehren. Und in den Siedlungen<BR>Sonneblom und Donkerboos wird nach Wasser gebohrt, um den<BR>dort lebenden San-Gruppen der Naro und Ju|’hoansi durch<BR>Viehhaltung ein Überleben ohne ihre traditionellen Jagdgründe zu<BR>ermöglichen. Joram |Useb, stellvertretender Direktor von WIMSA im<BR>namibischen Windhoek, beklagt: »Nur ein kleiner Bruchteil der<BR>38.000 San in Namibia hat wirklich Zugang zum Land ihrer<BR>Vorfahren.« Es ist eine Frage des Überlebens für die San, sich auch<BR>auf neue Lebensformen einzustellen.<p><br><hr size=1>Do you Yahoo!?<br>
<a href="http://webhosting.yahoo.com/ ">Y! Web Hosting</a> - Let the expert host your web site